Herr Dr. Mićić, Sie sind heute international bekannt als Experte für Zukunftsmanagement. Was fasziniert Sie an der Zukunft und wie sind Sie dazu gekommen, sich dem weiten Feld der Zukunftsforschung anzunehmen?
Zukunft ist der Raum der ungenutzten Chancen. Aber auch der Raum der Bedrohungen. Das fasziniert mich daran. Zukunftsforschung ist nicht mein Thema, sondern Zukunftsmanagement. Zukunftsforschung liefert nur Rohmaterial. Zukunftsmanagement ist es, wenn man seine eigenen Zukunftsannahmen prüft und solider macht, sich potenzieller Überraschungen bewusst wird und sich vorbereitet, die Chancen erkennt und Bedrohungen zu Chancen macht, eine Mission, Vision und Zukunftsstrategie entwickelt und agil planend auf die Vision hinarbeitet.
Mit Ihrer Beratung FutureManagementGroup unterstützen Sie Unternehmen und Top-Entscheider aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung in der Erarbeitung ihrer Zukunftsstrategien. Welche Bedeutung haben Zukunftsstrategien überhaupt für Unternehmen?
Nach meinem Verständnis ist eine zukunftsrobuste, motivierende und bei den Mitarbeitern wirksame Vision und Zukunftsstrategie die rentabelste Investition. Weil damit alles klarer, konzentrierter und damit kongruenter ausgerichtet wird, alle Gedanken, Aktivitäten, Prozesse und Projekte.
Mit welchen Fragestellungen kommen Unternehmen in der Regel auf Sie zu?
Was kommt auf uns zu und was nicht? Welche Gefahren und Bedrohungen bringt die Zukunft? Wie kann ich mein Unternehmen für die Zukunft absichern? Wie richten wir unser Unternehmen am besten auf Zukunftsmärkte aus? Wie kann ich leichter und motivierender mit einer klaren Mission und Vision führen? Wie gestalten wir ein zukunftsrobustes Geschäftsmodell?
Bei der Entwicklung einer Zukunftsstrategie, was sind die Herausforderungen, denen sich ein Unternehmen stellen muss?
Die wichtigste ist, dass dem menschlichen Gehirn die Zukunft weitgehend gleichgültig ist. So gut wie alle anderen Herausforderungen folgen aus dieser Tatsache. Deshalb nimmt man sich zu wenig Zeit, findet Zukunftsüberlegungen anstrengend und wenn man dann eine klare Zukunftsstrategie hat, braucht es immer wieder Energie, damit sich die Menschen auch danach verhalten.
Ein Erfolgsrezept für eine gelungene Zukunftsstrategie, gibt es so etwas?
Ein garantierendes Erfolgsrezept gibt es nicht. Aber es gibt viele Anforderungen. Nur einige Beispiele: Sie muss klar und eindeutig sein, was man nur erreicht, wenn die entscheidenden Personen sie gemeinsam entwickelt haben. Sie muss Sicherheit bieten, also die potenziellen Überraschungen schon eingebaut haben. Sie muss glaubwürdig sein und Zuversicht bieten, also auf Zukunftschancen aufbauen. Sie muss einen Sinn der Arbeit anbieten, einen konkreten Nutzen für die Kunden und möglichst auch für die Menschheit.
Welche Rolle spielt Einfachheit in Ihrem Leben?
Einfachheit macht die Gedanken und die Zeit freier für das wirklich Schwierige und Komplexe. Einfachheit ist eine wirkliche Kunst. Kompliziert ist leicht, einfach ist schwierig.
Was schätzen Sie, welche Rolle Einfachheit in Zukunft spielen wird?
Der Nutzen und die Bedeutung wird meines Erachtens weiter stark zunehmen. Die Welt wird immer komplexer und schneller. Alles, was kompliziert ist, hält unnötig auf. Bestes Beispiel ist die IT, in der man sich von sehr ausführlichen und komplexen Pflichtenheften zugunsten agiler Prozesse verabschiedet hat. Und auch das Verschwinden der Bedienungsanleitungen für Hard- und Software. Die erfolgreichen Anbieter machen die Anwendung ihrer Produkte so einfach und leicht, dass man keine Bedienungsanleitung braucht. Das war vor zehn und zwanzig Jahren noch ganz anders.
Einfachheit, ein Trend, der sich halten wird?
Einfachheit nimmt – wie gesagt – an Nutzen und Bedeutung zu und wird meines Erachtens nie wieder weniger wichtig.
Wie gelingt es Ihnen, einen komplexen Prozess, wie die Entwicklung einer Zukunftsstrategie auf das Wesentliche zu reduzieren? Wie gehen Sie vor, um Unternehmen zu mehr Einfachheit zu verhelfen?
Im ersten Schritt muss man das Gegenteil von Einfachheit erzeugen, nämlich Vielfalt. Viele Ideen, viele Optionen, viele Chancen, viele potenzielle Bedrohungen. Dann ist eine Methodik nötig, die mit Kriterien das Wesentliche herausfiltert, nötigenfalls in mehreren Durchgängen.
Herr Dr. Mićić, vielen Dank für dieses Gespräch!
Dr. Pero Mićić gilt international als ein führender Experte für Zukunftsmanagement. Er ist Vorstand der FutureManagementGroup AG (www.FutureManagementGroup.com) und Direktor des Leader‘s Foresight Institute.
Er berät die Führungsteams und Strategen großer Konzerne und führender Mittelständler bei der Ausrichtung auf Zukunftsmärkte und der Entwicklung fundierter Szenarien, motivierender Visionen und wirksamer Strategien.
Von Dr. Pero Mićić stammen unter anderem die Bücher »Wie wir uns täglich die Zukunft versauen« (International Book Award), »Die fünf ZukunftsBrillen« (Award »Most Significant Futures Work«), »Das ZukunftsRadar« und »Der ZukunftsManager«. Er studierte Wirtschaftswissenschaft und Future Studies in Deutschland und den USA und promovierte in Großbritannien.
Dr. Pero Mićić ist Dozent an renommierten Universitäten und Akademien und häufiger Keynote-Speaker auf internationalen Fachtagungen und Festveranstaltungen. Er ist Gründungsmitglied der Association of Professional Futurists in den USA, Beirat des Master-Studiengangs in Future Studies in Houston, Business Centurion der Leeds Business School und war Vorsitzender des Beirats der European Futurists Conference.
Die Zusammenarbeit von DATAGROUP und Dr. Pero Mićić begann im Jahr 2013, als das Unternehmen ihn als Experte bei der Entwicklung der Zukunftsstrategie DATAGROUP 2020 engagierte. Im vergangenen Jahr wurde die 2015 veröffentlichte Strategie einer Prüfung unterzogen und weiterentwickelt. Auch hierbei griff DATAGROUP auf die Erfahrung von Dr. Pero Mićić und der FutureManagementGroup AG zurück.