Herr Gißmann, können Sie Ihren Hintergrund sowie Ihre Expertise im Bereich Robotic Process Automation (RPA) beschreiben?
Seit Jahrzehnten bin ich immer auf der Suche nach neuen Technologien, um unserem kundenzentrierten Ansatz gerecht zu werden. Wir haben uns bereits 2001 mit dem Thema RPA beschäftigt. Damals verwendete aber noch niemand die heute üblichen Begriffe. Gestartet sind wir mit einem Ansatz, den man heute als Robotic Desktop Automation oder Attended RPA bezeichnet. Dabei unterstützen Software-Roboter – oder einfach Bots genannt – die Aktivitäten des Contact-Center-Agenten. Der Bot sucht relevante Daten für das Kundenanliegen, macht Vorschläge und schließt nach Bestätigung durch den Mitarbeiter den Vorgang ab – und das in Echtzeit während des Kundentelefonats. Eines der größten Projekte zu Robotic Desktop Automation mit 1.400 Agenten habe ich mit meinem Team für den Energieversorger E.ON gemeinsam mit deren Kundenservice entwickelt.
Was führte Sie dazu, RPA nach Deutschland zu bringen?
Nach unseren ersten Erfolgen mit Robotic Desktop Automation haben wir gesehen, dass es auch viele Einsatzbereiche für die Vollautomatisierung von Prozessen gibt. In der Folge sind wir dann in den USA auf das Thema RPA gestoßen. Für uns war schon damals klar, dass es keine Frage sein wird, ob RPA eingesetzt werden wird, sondern nur wann. Daher haben wir uns Schritt für Schritt ein strategisches Portfolio mit den marktführenden RPA-Softwareplattformen zusammengestellt, darunter Automation Anywhere, Nice und UiPath.
Man kann uns sicherlich als RPA-Pioniere in Deutschland bezeichnen. Heute betreiben wir für unseren Kunden Deutsche Telekom eine Plattform, bei der mehr als 1.000 Bots kontinuierlich Prozesse abarbeiten. Das ist vermutlich eine der größten RPA-Installationen weltweit. Wir sind für unsere Kunden in der Lage in kurzer Zeit RPA-Projekte zu initiieren und zu realisieren, bis hin zum Aufbau eines Center of Excellence für Robotics. Ein klassischer »Enabler« also.
Wie wird sich die Technologie weiterentwickeln? An was arbeiten Sie mit Ihren Teams?
Neben der klassischen Form RPA zu nutzen, als On-Premise-Installation, bieten wir RPA auch »as-a-Service« an. Damit werden wir zum Plattformanbieter und ergänzen RPA-Lösungen um innovative Apps, innovative Frontends und KI. Die RPA-as-a-Service-Plattform geht weit über das klassische RPA hinaus und wird damit den Anforderungen von »Intelligent Automation« gerecht.
Unser Ansatz ist es, die Nutzung von RPA für unsere Kunden so einfach wie möglich zu machen. Zu diesem Zweck bieten wir eine stetig erweiterte Anzahl von Pre-Packaged Bots, die unsere Kunden sofort einsetzen können. Darüber hinaus bieten wir diverse Machine-Learning-Services für erweiterte Skills wie etwa intelligente Dokumentenanalyse oder Bilderkennung.
Was ist, wenn Ihre Kunden noch nicht bereit sind für die Cloud?
Kein Problem. Selbstverständlich kann man unser gesamtes Angebot auch weiterhin on Premise einsetzen.
Was kostet RPA?
Da gibt es eine ganz einfache Kalkulation. Nimmt man an, dass ein FTE in Deutschland den Wert 100 hat, dann verbessert sich dieser Wert bei Nearshoring auf 66, bei Offshoring auf 33 und bei RPA, also den Bots, auf 10. Dadurch sind natürlich sehr kurze ROI-Perioden möglich – unter einem halben Jahr.
Wo stehen wir in 10 Jahren?
KI wird die Beziehung zwischen Mensch und Technologie grundlegend verändern. KI läutet dabei ein neues Zeitalter der Produktivität ein. Wir sind schon heute auf diese Herausforderungen eingestellt und werden weiterhin unsere Lösungen in diese Richtung weiterentwickeln, um Intelligente Automation so einfach wie möglich für unsere Kunden zu machen.
Herr Gißmann, vielen Dank für dieses Gespräch!